Cloud first? Nicht privat

Nicht erst seit Donald Trump President der USA geworden ist sollte man sich genau überlegen, ob man seine Daten einer, meist von US-Unternehmen betriebenen, Cloud anvertrauen will. Gerade privat ist das sehr verlockend, da der Wartungsaufwand gering ist. Die Kontrolle dafür aber auch.
Cloud first? Nicht privat
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Was ist Cloud überhaupt?

Als Cloud bezeichne ich Dienstleistungen, bei welchen man keine festen Ressourcen und Systeme hat, sondern die Dienstleistung komplett unabhängig irgendwelcher Hardware angeboten wird. Dropbox war einer der ersten großen Clouddienstleister, aber auch Google mit ihrer Officelösung oder Amazon AWS mit dynamisch skalierenden Ressourcen. Das eigentlich System wird dabei vom Anbieter verwaltet und man kann genau den Service nutzen, den man gebucht hat. Speicherplatz, Office oder Rechenpower.

Im Gegensatz dazu stehen die selbst gehosteten Lösungen. Man kann nicht schnell Ressourcen zubuchen und die Verwaltung des kompletten Systems liegt beim Nutzer. Das Fachwissen muss hier deutlich größer sein, aber auch die Kosten müssen bedacht werden. Welche Leistung brauche ich? Brauche ich sie durchgehend und wenn nicht, kann ich Spitzen glätten und stattdessen schwächere Hardware nutzen? Welche Software setze ich überhaupt ein und wie sichere ich diese und das System darunter ab?

Vorteile der Cloud

Man sieht recht schnell, für den Endnutzer sind Cloudlösungen sehr angenehm. Dropbox oder OneDrive herunterladen, installieren, einloggen und Ordner auswählen. Schon werden die Dateien in die Cloud synchronisiert und wieder zurück. Google Docs öffnen, einloggen und losschreiben. Gesichert wird automatisch, installiert werden muss nichts.

Aber selbst für professionelle Anwender ist es verlockend. Schnell eine kleine Homepage aufsetzen? AWS öffnen, Webressourcen buchen und der Webserver ist in wenigen Minuten einsatzbereit. Wenn die Seite beliebter wird als erwartet, dann fügt man einfach Leistung dazu, wenn das nicht sogar automatisch bis zu einem gesetzten Limit passiert.

Auf der Arbeit sehe ich die Vorteile auch regelmäßig und ich habe auch ein aktuelles Beispiel. Unserer OCR Lösung, also das Auslesen von Text aus eingescannten Dokumenten, funktioniert zwar gut, aber nicht so gut wie wir es gerne hätten. Dank Cloud mieten wir jetzt absolut flexibel GPU Leistung bei einem Anbieter und können überprüfen, ob sich mit GPU und KI die Erkennung verbessern lässt. Wird sie besser, aber mehr Power wäre sinnvoll? Einfach mehr Power buchen. Verbessert sich nichts? Dann schalten wir halt wieder ab.

Nachteile der Cloud

Für die Anbieter

Clouddienste können also einfach und flexibel sein. Am Ende sind hinter der Cloud noch immer physische Server. Der eigentliche Unterschied ist die Software darauf. Diese Software muss geschrieben werden und muss gewartet werden. Die Server müssen gekauft und betrieben werden. Das Risiko der Auslastung liegt jetzt aber beim Anbieter. Da Clouds flexibel sein sollen muss eine gewisse Überkapazität vorhanden sein, um kurzfristig auf Kundenwünsche reagieren zu können. Gibt es doch keinen Bedarf, dann zahlt der Anbieter für die Kapazität ohne Einnahme zu diesen.

Das ist einer der Gründe, warum hauptsächlich große und breiter aufgestellte Unternehmen Clouddienste anbieten. Amazon braucht selbst viel Leistung, ist aber intern sicher flexibel in der Zuteilung. Ungenutzt Kapazitäten nutzen sie für eigene Zwecke, bis sie jemand braucht und dafür bezahlt. Wird Leistung frei, dann wird diese für interne Berechnungen verwendet. Kleine Unternehmen haben nicht genügend flexible Aufgaben für so ein Vorgehen.

Für die gewerblichen Kunden

Im vorherigen Absatz sieht man, dass die Anbieter ein gewisses Risiko übernehmen. Dieses Risiko wollen sie aber nicht alleine eingehen und preisen es dementsprechend ein. Aber auch die Verwaltungssoftware und Schnittstellen müssen erstellt und gewartet werden. Ein Zusatzaufwand, der auch bezahlt werden muss. Wenn man seinen Ressourcenbedarf und seine Softwareumgebung genau kennt, dann braucht man diese Flexibilität nicht und kommt vermutlich mit einer klassischen Lösung günstiger weg.

Dabei wurde das Thema in den letzten Jahren auch stark Schwarz-Weiß gesehen. Cloud-Only oder On-Premise-Only waren die Wege. Inzwischen haben viele erkannt, dass auch ein Mischbetrieb möglich ist. Cloud-First wäre so etwas. Neue Projekte werden erst in der Cloud umgesetzt und dort evaluiert. Funktionieren die und ist deren Bedarf klar ermittelbar, dann können sie auf eigene Hardware umgezogen werden. Oder sie bleiben in der Cloud, wenn man flexibel sein möchte. Man schaut je nach Anwendungsfall.

Für Privatkunden

Bei Privatkunden sieht das Thema dann doch etwas anders aus. Hier geht es weniger um pure Leistung, sondern mehr um Dienstleistungen. Die Anbieter machen die Cloud durch einfache Handhabung extrem schmackhaft. Bei Start eines neuen PCs wird einem direkt die Datensicherung in OneDrive angeboten. Backup des iPhones? Nutz doch die iCloud! Notizen? Immer synchronisiert bei Notion, Evernote und Co, und damit immer dabei. Immer dabei und immer beim Anbieter. Viele geben an, die Daten zu verschlüsseln, aber kontrollieren kann man das kaum. Man vertraut hier darauf, dass der Anbieter die Daten privat hält und gleichzeitig für deren Sicherheit und Verfügbarkeit sorgt.

Dazu ist man vom Anbieter abhängig. Vor knapp 10 Jahren war Evernote das Notizprogramm auf dem Markt. Schnell, schlank und mit guten Funktionen, auch dank nativen Anwendungen für jede Umgebung. Diese zu pflegen und auf gleichem Funktionsstand zu halten war für Evernote aber extrem schwierig und aufwändig. Also entschied sich das Unternehmen, stattdessen eine universelle Webapp zu basteln und vergraulte damit viele Kunden. Die Anwendung war plötzlich auf allen Plattformen langsam, hatte weniger Funktionen und dafür aber viele Fehler. Blöd nur, dass ein Umzug tausender Notizen gar nicht so einfach war.

Wunderlist wurde geschlossen und zu Microsoft ToDo, Amazon Photos hat den Dienst eingestellt, Google den RSS Reader und viele weitere Dienste, Sonos bringt eine neue Software mit weniger Funktionen, die Cloud der Überwachungskamera wird abgeschalten und damit ist das Gerät nicht mehr nutzbar, und und und. Die Liste der eingestellten oder deutlich geänderten Dienste ist lang und die Möglichkeiten für die Nutzer sind gering. Meist nur hinnehmen oder wechseln.

Fazit

Wäre es gemütlich, wenn die Eigenen Dateien automatisch zu OneDrive synchronisiert werden? Bilder vom iPhone gehen direkt in die iCloud? Und Notizen sind überall verfügbar? Klar ist es das.
Aber hat man dann noch die Kontrolle über seine Daten und Dienste? Kann man sich auf die Dienste verlassen? Leider nein.

Ich selbst nutze recht wenige Clouddienste. Zur Kommunikation Discord, iMessage und WhatsApp. Bei Obsidian nutze ich derzeit den offiziellen Sync Service. Die Daten liegen aber immer noch lokal vor und sind vollständig verschlüsselt. Die Plugins waren alle etwas instabil. Das war es dann schon.

Meine Daten liegen auf einem lokalen NAS mit einem RAID1. Aktuell Synchronisiert, also nicht als Backup. Manche Dienste laufen auf meinem alten Notebook, wichtige Dienste auf einem gemieteten Server. Der bietet deutlich mehr Leistung als ich brauche, aber er läuft 24/7 und ist redundant angebunden. Für Backups brauche ich noch eine Lösung. Hetzner scheint hier gute Angebote für Speicher zu haben. Klassicher Speicher, keine "Cloud". Dort könnte ich meine Daten inkrementell und verschlüsselt sichern.

Man sieht aber, Clouds sind einfacher als selbst verwaltet. Trotzdem setze ich, wenn möglich, nicht auf die Cloud sondern auf eine Lösung, die unter meiner Kontrolle steht.

Warte... hier ist noch mehr!