Linux Desktop Manager - die Qual der Wahl

Linux Desktop Manager - die Qual der Wahl
Photo by Lukas / Unsplash

Wenn jemand mit Windows zurecht kommt, dann kommt er mit Windows zurecht. Klar, hin und wieder ändert sich etwas von Version zu Version, aber im Grundsatz bleibt sich Microsoft treu. Und die Unternehmen wechseln auch nicht mit jeder Version. Dementsprechend bleibt der PC auf der Arbeit über Jahre wie gewohnt und jeder kann es irgendwie bedienen.

Anders unter Linux. Es gibt nicht das eine Linux, nicht einmal den einen Kernel gibt es. Linux steht am Ende für den Kernel in seiner offiziellen Form. Darauf bauen die sogenannten Distributionen auf, welche dem Nutzer ein spezielles Paket bieten. Ubuntu steht für die einfache Bedienung, Manjaro und Garuda sind eher an jüngere Anwender mit Fokus auf das Gaming ausgerichtet. Arch Linux biete kaum Grenzen, dafür bringt es von Haus aus auch wenig mit. Gentoo treibt die Anpassbarkeit dann auf die Spitze.

Damit nicht genug, die meisten Distributionen haben die Oberfläche ihres Systems stark angepasst oder bieten sogar gleich verschiedene Oberflächen an. Natürlich nach den Vorstellungen der Distribution angepasst. Aber Linux wäre nicht Linux, wenn man selbst dann nicht nochmal alles über den Haufen werfen könnte und nach den eigenen Wünschen einstellen kann. Nachdem ich Manjaro den Rücken gekehrt und schnell gemerkt habe, dass Garuda nichts für mich ist bin ich bei Arch Linux gelandet und musste mich für eine Oberfläche entscheiden.

Gnome mit und ohne Wayland

Bei meinen früheren Ausflügen vor einigen Jahren zu Linux hatte ich die damals großen Vertreter KDE und Gnome genutzt. KDE fühlte sich dabei aber immer etwas unrunder an. Man kann mehr anpassen, dafür fehlte mir immer der Feinschliff und Gnome wurde die Oberfläche meiner Wahl.

Früher sehr klassisch, eine Leiste wie in Windows und ein Programm Menü, fertig. Mit Themes konnte man sich etwas abheben und es gab den ein oder anderen Effekt. Inzwischen geht Gnome ganz eigene Wege. Es sieht deutlich moderner aus, bietet ein Dock wie MacOS und ist ziemlich anpassbar, gerade durch Erweiterungen. Das Programmmenü erinnert an Windows 8 - aber in besser.

Gnome Anwendungsmenü und -übersicht
Gnome Anwendungsmenü und -übersicht. / Wikipedia

Gnome unterstützt auch bereits Wayland. Die neue Grafikschicht, welche das über 40 Jahre alte X11 ablösen soll. Eines Tages, wenn Wayland denn mal fertig ist. Bei mir gab es dann doch einige Fehler. Effekte waren manchmal so langsam, dass Alt+Tab nicht benutzbar war. Und der Wechsel aus einem Spiel zum Desktop ist auch ein Glücksspiel. Laut Berichten liegt das am Nvidia Treiber, unter AMD wäre alles besser. Hilft mir nur nichts, also zurück zu X11. Ohne Probleme.

Sway aka tiling window manager

Lange hatte MacOS keine ordentlich Fensterverwaltung und die Programmfenster flogen irgendwie auf dem Bildschirm rum. Maximieren oder dahinziehen, wo man es braucht waren die Optionen. Moderne Oberflächen, auch MacOS, bieten inzwischen vielfältige Möglichkeiten an, die Fenster anzuordnen. Am Rand ausrichten und dann nur Teile des Bildschirms einnehmen können sie inzwischen alle.

Das im Extremen sind die tiling window manager. Hier liegen die Fenster niemals hintereinander. Öffnet man ein Fenster, dann wird der Bildschirm aufgeteilt und Platz für dieses Fenster geschaffen. Alle anderen Fenster werden also kleiner. Bei vielen Fenstern extrem klein, weshalb man hier stark mit virtuellen Desktops arbeitet. Der Vorteil ist, dass man sich um die Fensterverwaltung keine Sorgen machen muss und das ganze System mit der Tastatur bedienen kann. Nachteil ist, dass man immer alles offen hat und der Platz gezwungen aufgeteilt wird.

Sway Oberfläche mit mehreren Fenstern
Sway Oberfläche mit mehreren Fenstern / Wikiwand

Sway ist einer der neuen Vertreter und setzt voll auf Wayland. Grundsätzlich wirkte es damit stabiler als Gnome. Aber ich konnte mich mit dem Fenstermanagement nicht richtig anfreunden. Und da Sway gar nicht mit Nvidia kann habe ich es dann gelassen.

Leicht, leichter, XFCE

Aber bei all dem Ausprobieren ist mir eines aufgefallen: Ich brauche wenig Oberfläche. Programme starte ich per "Menü aufrufen" Shortcut, Programm eintippen, ENTER. Fensterwechsel mache ich mit ALT+Tab, immer. Fenstergrößen anpassen eigentlich auch.

Warum also eine Oberfläche, welche sich in den Vordergrund drängt? Warum nicht eine Oberfläche, die einem Struktur und Halt gibt, aber keine Vorgaben? Dazu schnell, einfach und anpassbar? XFCE lautet das Ergebnis. Verdammt schlank, schnell und ressourcensparend. Und schön ausgeliefert wird es auch nicht. Dafür kann man es anpassen, wie man lustig ist. Leisten, Farben, Designs, Cursor, Icons. Alles anpassbar. Auf https://www.xfce-look.org findet man viele vorgefertigte Styles, welche man einfach herunterladen und verwenden kann.

XFCE4 Oberfläche mit Firefox Browser, beides angepasst
XFCE4 Oberfläche mit Firefox Browser, beides angepasst / Kernic 2022

Am Screenshot oben schön zu erkennen habe ich die Oberfläche auf das Minimum reduziert. Eine Leiste mit den Programmen, Taskbereich und das war es. Kein Dock, alles so klein wie möglich. Einzig an die Workspaces muss ich mich noch gewöhnen, sehe hier aber definitiv den Vorteil. Und es ist schnell: Unter 1% CPU Bedarf, unter 150 MB RAM. Gerade mein Acer Swift 1 (Amazon Partnerlink) profitiert hiervon extrem, aber auch am PC fühlt es sich richtig an. Richtig schnell, richtig einfach, richtig übersichtlich.

Hier eine übersicht der verwendeten Themes:

  • Style: Nordic-standard-buttons-v40
  • Icon: Nordzy-dark
  • Font: Canterell Regular
  • Window Manager Style: Nordic-standard-buttons-v40
  • Mouse: Nordzy-cursors

Bei XFCE angekommen?

Wir werden sehen...

In XFCE habe ich jetzt einiges an Zeit investiert und die Oberfläche entspricht genau meinen Bedürfnissen. Aber werde ich deshalb bei XFCE bleiben? Vorerst ja. Wie ich mich kenne werde ich aber neugierig und probiere mich bald wieder aus. Wobei meine Idee: XFCE wird der Standart bleiben, bis mich etwas noch mehr überzeugt.

Nachteil ist, dass XFCE aktuell ausschließlich mit X11 läuft, also noch nicht für Wayland angepasst wurde. Ich wüsste gerne, wie sich XFCE unter Wayland verhält. Die Entwickler sind aber bereits dran und mit der finalen Version werde ich Wayland nochmals ausprobieren.

Wenn ihr wenige Erfahrungen habt, dann nehmt eine einfache Distribution wie Ubuntu oder Manjaro und eine der verschiedenen Variante der Oberfäche. Anpassen oder Wechseln kann man später immer noch und man wird es tun, wenn man nur moderat neugierig ist. Ich war es zumindest und habe direkt alles nach meinen Vorstellungen umgestellt. So gefällt mir mein System erstmal und so wird es bleiben.

Warte! Hier gibt's noch mehr!/span>