Orion, Arc und Zen - die neue Browsergeneration

Orion, Arc und Zen - die neue Browsergeneration
Photo by Denny Müller / Unsplash

In der Lehrerbibliothek der Schule meiner Mutter öffnete ich zum ersten Mal das Tor zum Internet, einen Browser. Damals war es der Netscape Navigator, der später im Browserkrieg dem Internet Explorer von Microsoft unterlag. Nur dem (Nachfolger) Mozilla Firefox ist es zu verdanken, dass wir auch danach mehr als einen Browser zur Auswahl hatten.

Der Internet Explorer war aber nie ein guter Browser und so gewann, zumindest in Deutschland und Europa der Firefox immer mehr Marktanteile. Es entstanden aber auch weitere Browser, teilweise aufbauend auf dem Internet Explorer oder Firefox, teilweise aber auch komplett selbstständig wie der Browser Opera. Und dann kam Chrome von Google. Ein Browser, welcher den beiden Platzhirschen technisch weit überlegen war. Schneller, moderner und direkt integrierte Google Dienste, erweiterbar um viele Plugins. So eroberte er, auch mit aggressivem Marketing seitens Google, schnell den Markt und ist heute der meistbenutze Browser.

Das Internet wurde komplexer und entsprechend sind die Anforderungen an den Kern der Browser, die Umwandlung der Daten in eine dargestellte Webseite, immer komplexer geworden. So komplex, dass erst Opera und inzwischen auch Microsoft auf die Renderengine Blink von Google gewechselt sind. Da diese quelloffen ist kann sie frei verwendet werden. Dadurch wurde die dritte Browsergeneration möglich. Microsoft beerdigte den Internet Explorer und ersetze ihn durch den Edge Browser, Brave setzt auf Datenschutz und Web 3.0 und mit Vivaldi haben wir einen stark anpassbaren Browser bekommen. Aber alle der genannten Beispiele setzen auf Googles Chromium Projekt auf, womit Googles Einfluss auf die Entwicklung des Internets noch mehr verstärkt wurde. Als Gegenpol existieren nur noch Mozilla Firefox mit seiner Gecko Engine und der Apple-exklusive Safari mit der WebKit Engine, welche die Grundlage für Blink war. Beide Browser haben aber niedrige Marktanteile, Firefox wird von Google am Leben gehalten und Safari von der Integration in iOS auf den iPhones.

Anfang des Jahres ist mir dann aufgefallen, dass sich am Browsermarkt wieder etwas tut. Einerseits bieten die KIs neue Möglichkeiten, andererseits hat Google bei Chromium einige umstrittene Änderungen durchgedrückt. Genug der langen Einleitung, welche Browser wollen unsere Festplatten erobern?

Die vierte Browsergeneration

Neue Ansätze braucht das Web

Arc Browser

Der bekannteste Neuling dürfte der Arc Browser sein. Ein Browser, welcher sich vollständig auf KI konzentriert und das klassiche surfen in den Hintergrund rücken will. Das Design ist minimalistisch gehalten, die Bedienung durch Tastenkombination schnell und sowohl das Surfen als auch der Ressourcenverbrauch werden von KI Funktionen unterstützt. Im Unterbau werkelt Chromium, womit der Browser auch die Erweiterungen von Google Chrome verwenden kann.

Arc Browser Fenster. Links eine vertikale Tableiste mit URL Eingabe, der rechte Teil wird komplett von der Webseite eingenommen.
Arc Browser Screenshot / by Arc

Persönlich finde ich den Ansatz spannend, aber letztendlich nicht so revolutionär, wie angekündigt. Die KI Funktionen sind nett, aber inzwischen so auch in anderen Browsern verfügbar oder per Erweiterung nachrüstbar. Einzig das Bedienkonzept ist neu, erfrischend und konsistent. Dauerhaft überzeugen konnte mich Arc aber nicht.

Verfügbar ist der Browser auf MacOS und Windows bei den Desktopsystemen und als Suchmaschinen-App getarnt auf iOS und Android (Beta).

Zen Browser

Überraschend ein neuer Browser auf Basis von Firefox. Die Oberfläche ist dabei stark angepasst und anpassbar. Datenschutz und Minimalismus sind das Motto, weshalb keine unnötigen Funktionen mitgeliefert werden. Die können bei Bedarf über die Firefox Erweiterungen oder den Zen Store nachinstalliert werden.

Zen Browser: Links eine dünne vertikale Tableiste ausschließlich mit Icons, oben eine normale URL Leiste.
Zen Browser Screenshot / by Zen Browser

Ich mag das wirklich schlanke Design, speziell die dünne vertikale Tableiste, und die einfache Möglichkeit zur Nutzung von Profilen und Workspaces. Eine dünne Tableiste am linken Rand, die Adressleiste bei Nichtnutzung ausgeblendet, fertig ist genau das Layout, dass ich mir immer gewünscht habe. Voller Fokus auf das, wofür der Browser eigentlich da ist: Die Darstellung von Webseiten. Auf Linux ist Zen derzeit mein Hauptbrowser, leider fehlen aber die Lizenzen zum Abspielen von DRM-geschützen Inhalten.

Auf MacOS, Windows und Linux kann der Zen Browser verwendet werden. Mobile Versionen gibt es derzeit nicht, aber über Firefox Sync kann Firefox für das Smartphone verwendet werden.

Orion Browser

Der letzte im Bunde, zumindest meinem, ist der Orion Browser. Entwickelt von Kagi, dem Unternehmen hinter meiner aktuellen Suchmaschine, setzt der Browser voll auf die WebKit Engine von Safari. Dabei treibt der Browser das Thema Datenschutz deutlich weiter, als Apple es tut. Trotzdem ist der Browser stark anpassbar und fast so minimalistisch wie der Zen Browser. Workspaces sind hier Fenster, sonst sind die Unterschiede in den Konzepten recht klein.

Orion Browser: Links eine vertikale Tableiste mit hirarchischer Darstellung, oben eine schlanke URL Leiste.
Orion Browser Screenshot / by Kernic

Ein besonderes Highlight ist auf jeden Fall der konsequente Datenschutz, selbst Kagi erhält keinerlei Daten vom Browser. Ein weiteres Highlight ist die Möglichkeit, Erweiterungen sowohl von Firefox als auch Chrome zu verwenden. Man merkt den Browser aber an, dass er noch in Entwicklung ist. Hier haben die anderen Browser einen Vorsprung, speziell was die Stabilität angeht. Spannend ist aber die offene Entwicklung und die recht hohe Geschwindigkeit dieser.

Der Elefant im Raum ist aber die Verfügbarkeit. Da der Browser auf WebKit setzt ist er derzeit nur für MacOS und iOS/iPadOS verfügbar. Keine Variante für Windows, keine für Linux, keine für Android. Zumindest auf absehbare Zeit, das Team ist zu klein für den Support mehrerer Betriebssysteme. Synchronisation gibt es also auch nur im Apple Ökosystem. Orion löst das ohne Account beim Anbieter über die iCloud. Andere Plattformen werden in Betracht gezogen und eigentlich gewünscht, aber es fehlt an ausreichend Personal, um den Browser noch auf weiter Plattformen zu bringen.

Fazit

Mehr Vielfalt und neue Ideen

Ich bin jemand, der eigentlich jeden neuen Browser ausprobiert, aber am Ende immer wieder zum roten Panda zurückkehrt. Die Rückkehr scheint hinfällig zu sein, dank dem Zen Browser. Abgesehen von der fehlenden DRM Unterstützung ist er der bessere Firefox. Chrome und dessen Abwandlungen konnten mich bisher nie überzeugen. Arc von The Browser Company hat interessante Ansätze, wird mich aber nicht zu Chromium bringen. Einerseits bin ich kein KI Freund, andererseits sind die KI Funktionen im Arc Browser für mich auch nicht wirklich nützlich.

Mein Favorit ist am Ende aber der Orion Browser. Auf meinem iPhone und dem geschäftlichen MacBook ist er mein neuer Standardbrowser. Schnell, übersichtlich, erweiterbar, dazu maximaler Datenschutz - so viel, dass der Hersteller Kagi nicht mal weiß, wie viele Nutzer der Browser überhaupt hat. Die Vertikale Tableiste erlaubt verschachtelte Tabs, es gibt Workspaces und sonst hält sich der Browser angenehm zurück. Er ist, was er sein soll: Das Tor zum Internet. Nicht mehr, nicht weniger.