Games, Entwickler und die Fans

Games, Entwickler und die Fans
Photo by Sigmund / Unsplash

Eine beliebte Aussage zu Mehrspieler-Spielen ist oft: Das Spiel ist am Sterben. Dazu werden gerne die Spielerzahlen herangezogen, aber noch häufiger die Meinung bekannter Größen aus dem Spiel, also Influencern.

Die Spielerzahlen kann man sich anschauen und geben tatsächlich einen Hinweis darauf, welche Einnahmen ein Spiel wohl generiert. Ob das Spiel bei wenigen Spielern abgeschalten wird ist aber ein anderen Thema. Die Server sind meist skalierbar und deren Kosten sollten immer unter den möglichen Einnahmen pro Spieler liegen. Klar, Marketing und Entwicklung lohnt sich irgendwann nicht mehr, aber man kann das Spiel noch immer spielen. Counter-Strike verändert sich viele Jahre am Stück nicht und ist trotzdem (oder deswegen?) erfolgreich.

Nun zu meiner eigentlichen Beobachtung: Viele Entwickler hören inzwischen stark auf das Feedback aus ihrer vermeintlichen Community. Meist handelt es sich dabei um Reddit, da eigene Foren immer seltener werden. Das Problem dabei ist aber, dass hier nur ein kleiner Teil der Spieler vertreten ist. Meist sind das die Hardcore-Fans, welche sehr viel Zeit und Energie in ein Spiel investieren. Okay, und gerade bei Free2Play Games vermutlich auch sehr viel Geld. Aber sie sind eben kein Querschnitt durch die Spieler, sondern ein sehr spezieller Teil dieser mit sehr speziellen Bedürfnissen.

Wenn bei Destiny 2 jemand in drei Tagen alle Season Quests und den Saison Pass durchgespielt hat, dann ist das nicht der normale Spieler. Aber er ist meist ein Influencer, sei es auf YouTube, Twitch oder Reddit. Nach spätestens zwei Wochen wurden alle Inhalte der Erweiterung mehrfach durchgespielt und die Langeweile tritt ein. Das wird dann auch mit Verärgerung kundgetan. Und was machen die Gaming-Seiten? Sie nehmen diese Story auf und erzählen zu inzwischen fast jedem Spiel, dass der Entwickler zu wenig oder den falschen Inhalt geliefert hat. Die Spieler (alle!) wären schon nach zwei Wochen vom neuen Inhalt gelangweilt und deshalb kann der Inhalt nicht gut sein.

Mein-MMO kritisiert, dass das wöchentliche Lost Ark Update zu wenig Inhalt hat.
Erster Absatz einer News zu Lost Ark auf Mein MMO / Mein-MMO

Es wird aber gerne vergessen, dass ein Großteil der Spieler keine 50-80 Stunden pro Woche spielt, sondern eher 10-20 Stunden. Wenn der Influencer in zwei Wochen also 150 Stunden aus den neuen Inhalten holt, dann ist das doch super. Das heißt für alle anderen, dass sie locker 7 bis 15 Wochen Spaß, oder zumindest Inhalte, haben. Diese Spieler sind zufrieden und treiben sich oft auch nicht auf Reddit und Co rum. Die Zeit ist eh schon knapp und wird lieber in das Spiel investiert. Trotzdem wird bei Mein-MMO oder Gamestart gerne berichtet, dass "die Spieler" unzufrieden sind, meist dann mit Verweis auf einen Reddit oder X Eintrag mit 200 Antworten. Manche haben sogar über 1.000 Likes. Bei einem Spiel, welches gleichzeitig auf 50-100.000 Spieler online kommt, also vermutlich auf eine Spielerbasis von mindestens 500.000 Spielern ist das kaum repräsentativ.

Aber genau hier entsteht das Problem. Die Entwickler haben Angst vor solchen News, da sie ihr Spiel schlecht dastehen lassen. Klar, wer spielt schon ein Spiel, dass laut großen Influencern und Gaming-Webseiten kaum Inhalte hat und die vorhandenen Inhalte sind schlecht? Da spielt das Spiel sicher keiner, und neue Spieler fangen es auch nicht an. Die 500+ Stunden, die der Content Creator schon in das Spiel gesteckt hat werden nicht gesehen. Lustig, wie Steam Bewertungen: "Max Mustermann (3.600h, 120h in den letzten 14 Tagen): Das Spiel hat keinen Inhalt, ist langweilig und macht keinen Spaß. Selbst im Sale für 20 Euro ist das Spiel noch zu teuer, für das was es bietet."

Können wir wieder dazu übergehen, gerade im Spielejournalismus, Aussagen relativ zu betrachten und diese sauber einzuordnen? Sind wirklich die 1% Hardcode-Gamer die Zielgruppe, an welchen sich ein Spiel messen muss? Also diejenigen, die auch ein Baldurs Gate 3 an einem Wochenende durchspielen? Und ist deren Spielweise und Meinung wirklich der Maßstab zur Entwicklung von Spielen? Ich wünsche mir manchmal weniger Inhalt oder mehr Zeit für diesen. Eine Season, die auf die extremen Spieler zugeschnitten ist, ist für den Großteil der normalen Spieler einfach frustrierend. Ich möchte nicht alles nachgeworfen bekommen, aber mehr als Level 30 von 100 wäre schon cool.

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